Montag, 4. Februar 2013

Zeit für "seriösen" Journalismus

So, genug herumgealbert. Wobei, die Kasachen sollen jetzt ein entspanntes Verhältnis zu Borat haben. Nachdem die Regierung zunächst zutiefst beleidigt war, änderte sich das, als man feststellte, dass der Filmerfolg die Zahl der Touristen in Kasachstan sprunghaft ansteigen ließ. "Borat" soll sogar in sein "Heimatland" eingeladen worden sein. Hey, wir zeigen Selbstironie.

Jetzt bin ich also in Astana und die Ankunft ging nicht ganz ohne Herzklopfen ab. Ich hatte am Flughafen ein mulmiges Gefühl wegen meines Visums. Ich habe ein Touristenvisum und habe nachträglich eine Journalistenakkreditierung beantragt, um sie hoffentlich in einem Monat in der kasachischen Botschaft in Tadschikistan abzuholen und am Schluss nochmal in Kasachstan nutzen zu können. (Der deutsche Journalist, mit dem ich geskyped hatte, riet mir dazu, unbedingt eine Akkreditierung zu beantragen, sonst würden mir Staatsbedienstete keine Interviews geben.)

Wie auch immer - ich stehe an der Passkontrolle und der streng dreinblickende Kasache zeigt auf den Pass: "Business!"  und ich: "No, Tourism." - "Tourism!?" Er blättert den Pass durch, liest ihn am Computer ein, guckt kritisch, reicht ihn seinem Kollegen und die beiden blättern ihn nochmal durch, lesen ihn nochmal ein und mustern ihn eindringlich. Dann gucken beide noch kritischer und ich denke schon: Ok, netter Versuch und auf geht's zurück...

Doch dann erfahre ich den wahren Grund ihres Grams: "You have to change passport, because there was water or something." Er stempelt den Pass und gibt ihn mir. Ich lächle erleichtert und erkläre, dass ich in Indien ein bisschen Tee über den Pass verschüttet habe und verspreche, mir zu Hause einen neuen ausstellen zu lassen.

Draußen vor dem Flughafen dämmerte schon langsam der Morgen und ich bin in den Bus Richtung Innenstadt gestiegen. Weil ich kein Kleingeld hatte, ließ mich die freundliche Kontrolleurin kostenlos fahren und sie rief mich sogar in die erste Reihe, damit ich etwas von der Stadt sehe. "Tolle Stadt": Schneewüste, absolute Ödnis, schnurgerade breite Straßen, dann alte Sowjetbaracken, eine Bushaltestelle, ein dutzend Kasachen steigen ein, sehen aus wie Mongolen oder Chinesen, Baracken, Baracken, Schnee, Schnee, Schnee, immer mehr Kasachen (krass kein einziger sieht europäisch aus, wo ist die russische Bevölkerung?) Der Bus wird richtig voll und dann plötzlich tauchen die Skyscraper auf.

Sorry, war zu müde und es war zu dunkel, deswegen google-Bilder...

                                

                                

 
Jetzt noch gaaaanz viel Schnee dazu denken, vielleicht so...
(das ist auch Astana)
 
 

Astana, die Hauptstadt Kasachstans, eine völlig charmebefreite, in nur 10 Jahren künstlich in die vorsibirische Steppe gestampfte futuristische Stadt, allerdings mit Sowjetbaracken zwischendrin. Was soll das darstellen? Vielleicht eine Mischung aus Singapur und Nowosibirsk.

Er hier ist dafür verantwortlich...

 
 
Nursultan Naserbajew, überall auf Plakaten zu sehen, seit über 20 Jahren nicht nur Sultan von Kasachstan (das Wortspiel habe ich mir lange überlegt) sondern seit der letzten Wahl "Führer der Nation" auf Lebenszeit. Das heißt, er darf niemals rechtlich verfolgt werden und so lange Präsident bleiben, wie er mag. Das Vermögen seines Clans wird auf 7 Mrd Dollar geschätzt.
Er hat 1997 die Hauptstadt von Almaty (früher Alma Ata) nach Astana verlegt, um näher an Russland zu sein und weg von der chinesischen Grenze. Er regiert Kasachstan mit harter Hand. Unliebsame Kritiker werden verfolgt oder ausgeschaltet und auch das Parlament hat ihm zu folgen.
Ihn habe ich jetzt mal nicht auf meiner Interviewliste.
 

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