Dienstag, 19. Februar 2013

Auf der Jagd mit dem "Eaglehunter"

Ich habe in meinem letzten Post über meine Mitbewohner in Bishkek berichtet.
Dem Belgier habe ich es nun zu verdanken, dass ich schon früher als geplant  Natur pur erlebt habe. Ich saß am Freitag abend mit ihm und einem slowakischen EU-Diplomaten in einer Bar. Wir haben Schaschlik gegessen und Bier getrunken. Es wurde Mitternacht und plötzlich hieß es: "Wir wollen übers Wochenende in die Berge, Ski fahren. Ein Platz im Auto ist noch frei. Es geht allerdings schon morgen früh um 6 Uhr los." Ich habe kurz überlegt und dann zugesagt. Ski fahren ist nicht so meins (zu kalt), aber den Yssikköl See sehen, das wollte ich sowieso.

Es hat sich gelohnt. Bitteschön, jetzt dürft ihr ruhig mal aaaahhh und oooohhhh machen...

 
Besonders beeindruckt haben mich die Farben: weite goldbraune Steppe, schneebedeckte Berge, der knallblaue See, steinige Berge in allen möglichen Farben von grau bis rotbraun...
 
 
Es war tagsüber knapp über 0 Grad kalt, doch die Sonne hat manchmal schon ziemlich heruntergeknallt...
 
 
 
Unser Auto: 4-Radantrieb und rote Diplomatenkennzeichen.
 
 
 
Die Jungs: Peter aus der Slowakei und Thomas aus Belgien, beide 1,95m-Riesen
 
In Karakol, hinter dem Yssykköl See, haben wir ein kleines Ferienhaus bezogen. Die Jungs sind sofort auf die nahegelegene Ski-Piste und ich habe relaxed, habe mich endlich mal rasiert und war beim Frisör. Ich habe den Reinhold Messner-Look abgelegt ;-) 
 
Der Abend wurde dann recht ... na, sagen wir mal "launig". Erst waren wir eine Stunde in einer "banja", einer Sauna. Dieses mal bin ich sogar nach dem schwitzen ins Eiswasser gesprungen, sonst ziere ich mich da immer.
 
Am späteren Abend, im Restaurant "Fakir", kamen Freunde der Jungs hinzu, alle wohnhaft in Bishkek oder Almaty: zwei Amerikaner, zwei Spanier und zwei Mädels aus Kasachstan, eine mit ukrainischen, eine mit tartarischen Wurzeln. (Nein, das hat nix mit rohem Fleisch zu tun, schlagt bei Wikipedia nach: "Tartarstan")
 
Es wurde Vodka (was auch sonst) konsumiert und am noch späteren Abend in der Disko "CCCP" abgetanzt. Für die einheimischen Kirgisen waren wir natürlich die Show: so viele Leute aus so vielen exotischen Ländern. Einer aus unserer Gruppe (ich war es nicht) hat diese gastfreundliche Offenheit in unserer Ferienhütte noch etwas weiter vertieft. Zum Glück war es dunkel und man hat nichts gesehen...
 
 
Am Sonntag morgen habe ich mich dann vorzeitig verabschiedet und mich auf den Weg zurück zum Yssikköl See gemacht. Ich habe in dem kleinen Dorf Kadji Sai einen der weltbesten Eaglehunter besucht ...
 
 
 
Jakshemash!
Today I want to learn more about Kyrgyz tradition of eaglehunting.
No, you are not hunting the eagle, you are hunting with the eagle!
It's niiiiiiiice.
 
 
 
This is my good friend Ishenbek, number one eaglehunter in all of Kyrgyzstan.
He is very niiiiice, he will show me.
Dshinkuje! 
 
 
Die Ankunft bei Ishenbek war skurril. Ein kleines staubiges Dorf in den Bergen, völlig ohne Straßenschilder.
 
 
 Ja, wo lebt er? Wo lebt er, der Eaglehunter und was heißt eigentlich Adler auf Russisch? (Ich hätte mir doch ein Wörterbuch kaufen sollen.) Der erste Dorfbewohner ist etwas verwirrt und versteht nicht ganz, was ich will: "Tschuldigung, ich will zu einem Mann, der einen großen Vogel hat, der so tschhhhhhupppp (ich wische mit meiner Hand durch die Luft) auf Hasen geht und so..."
Sein Blick sagte mir so viel wie: Was will dieser verrückte Europäer?
Erst als ich den Namen Ishenbek sage, weiß er bescheid. Klar hier kennt doch jeder jeden.
 
Bei Ishenbek war es dann supernett. Ich habe bei ihm und seiner Frau im Wohnzimmer übernachtet. Wir haben zusammen abendgegessen und viel gequatscht. Sehr liebes Ehepaar mit Kindern, so Mitte 20, die alle ausgezogen sind.
 
Ishenbek hat auch seinen bjerkut, seinen Steinadler, ins Wohnzimmer geholt. Das Tier veranstaltet ununterbrochen einen Heidenlärm und quiekt wie ein Küken.
 

 
Ishenbek beschäftigts sich seit über 30 Jahren mit Adlern, aber eher als Hobby und Show für Touristen. Ein super Zuverdienst, seit ihn der Lonely Planet entdeckt hat. Er ist allerdings mit dieser Tradition auch aufgewachsen. Sein Vater war Falkner, sein Großvater hat das sogar noch richtig traditionell gemacht. Er hat in einer Jurte gelebt, ist mit dem Adler auf dem Arm in die Berge zur Jagd geritten. Wenn der Adler Hasen oder Rehe gerissen hat, wurde das Fleisch mitgenommen und gegessen, aus Wölfen und Füchsen wurden Pelzmützen genäht.
 
Die große Kunst an der Falknerei mit dem Steinadler ist die Aufzucht und das trainieren des Tieres. Wenn man da etwas falsch macht, kann schlimmes passieren. Ishenbek war dabei, als ein Adler seinem Herrchen ins Genick geflogen ist. Sie mussten denn Mann schnell verbinden und zum Arzt bringen, sonst wäre er verblutet.
 
Ishenbeks aktueller Adler ist vier Jahre alt. Er hat ihn als kleinen Jungvogel aus einem Adlerhorst gestohlen, ihn handzahm und jagdfähig gemacht. Der Vogel wurde u.a. an Hunde, Schafe und Kinder gewöhnt, bekam Hasen und Füchse gefüttert, um zu lernen, was anzugreifen und was zu verschonen ist. Das Jagdtraining läuft dann in der Regel so ab: Ishenbek reitet mit dem Pferd durch die Prärie und zieht ein Fuchsfell mit Fleisch an einem Seil hinterher. Der Adler stürzt sich drauf.
 
Am frühen Montag morgen sind wir dann mit dem Auto und dem Adler im Kofferraum (Pferde sind offenbar doch nicht mehr so ganz in) auf die Jagd gefahren.
 
Unterwegs haben wir kurz angehalten - eine Krähe am Straßenrand. "Ich brauch noch etwas, um den Adler zurückzurufen." Ishenbek holt eine Flinte aus dem Auto geht auf die Straße, legt an, - Paff -, Krähe tot. Ab in die Plastiktüte.
 
Okay, denke ich, so läuft das hier also, einfach mitten auf der Straße jagen. Doch es kam noch heißer, als wir kurze Zeit später einen Schwarm Tauben auf einem Feld sahen. Ishenbek hält den Wagen an. "Bleib mal kurz ruhig sitzen" Er kurbelt mein Fenster auf der Beifahrerseite herunter, legt den Lauf des Gewehrs auf meine Schulter ... "Nicht bewegen" - Bafff - alle Tauben fliegen weg, drei bleiben zappelnd am Boden liegen.
 
 
Ishenbek hat mit Schrot geschossen. Er sammelt die Tauben ein, knallt sie auf den Boden, um sie ganz zu töten und packt sie in die Plastiktüte. Die Krähe schmeißt er weg: "Tauben sind besser, haben mehr Fleisch."
 
Wir fahren in die Berge hinein, in ein kleines Tal. Ishenbek holt den Adler aus dem Kofferaum und trägt ihn einen Hügel hoch. Oben angekommen, nimmt er ihm die Augenklappen (die ihn ruhig halten) ab und ruft irgendetwas auf Kirgisisch: "Harra!" (such).
 
Der Adler macht mit seinem Kopf ruckartige Bewegungen in alle Richtungen und fixiert das Jagdrevier. Er kann bis zu drei Kilometer weit gucken, sagt Ishenbek.
 
 
Um es vorwegzunehmen: Ich bin ein schlechter Begleiter bei so etwas. Ich bringe immer Unglück. Wie oft war ich schon mit Anglern unterwegs und sie haben genau an diesem Tag nichts gefangen...
 
Immerhin habe ich eine kleine Flugeinlage aufnehmen können ...
 

 
 
... und die Verfütterung der Tauben. Vorsicht, grausam!
 
 
 Der Adler wird am nächsten Tag die Federn und Klauen auskotzen, in diesem Sinne ...
 

4 Kommentare:

  1. Aaaahh.... oooohhh... wann sitzst Du auf einem der Pferde?! ;-) ...

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  2. Ich will unbedingt noch vergorene Stutenmilch (das Nationalgetränk) probieren, aber scheinbar wird das im Winter nicht hergestellt...

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  3. Im Fakir hab ich auch gegessen...

    Eaglehunter werden in Kirgistan als hochpotente Männer geehrt. Man sagt, wenn eine Frau keine Kinder kriegen kann, dann solle sie zu einem gehen und schwupps....

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