Freitag, 1. März 2013

Durch das Pamir-Gebirge nach Tadschikistan

Ganz schoen viel Text habe ich Euch da gestern zugemutet ;-) Dafuer gibt es heute einen Haufen Bilder.

Geht sofort los:


Nein, der Junge ganz links ist nicht der Zwillingsbruder meines Bandkollegen Matthias Landgraf. Das ist Francois, der Franzose. Er kam ploetzlich in mein Hostel in Osh hereingeschneit: hoppla, noch ein Tourist, na sowas. Francois ist aus Frankreich gekommen, ueber den Landweg, durch hunderte Laender, wie z.B. Albanien, Georgien und Iran. Francois wollte eigentlich couchsurfen, beim "number one host in all of Kirgistan", Umar (das ist der Herr in der Mitte). Doch das ging nicht, denn Sam aus Japan (der Herr ganz rechts) war schneller.

Umar, the number one couchsurfinghost in all of Kirgistan, hat uns dafuer Osh gezeigt und zwar von oben.


Wir waren auf dem heiligen Berg "Salomons Thron", also da, wo der Prophet einst gebetet hat.

Auf einem heiligen Berg gibt es natuerlich auch heilige Zeremonien, z.B. diese hier:


Wer sieben Mal diesen Stein entlangrutscht, dessen Ruecken wird nicht mehr schmerzen, oder so. Ich hab mich nicht getraut, denn mein Ruecken tat gerade nicht weh und wer weiss, vielleicht funktioniert es auch andersherum.

Am Abend kam noch ein Couchsurfer aus Australien hinzu. Der wahnsinnige Kerl ist einen Monat lang als Backpacker durch Afghanistan gereist und hat uns darueber berichtet: "Masar i Sharif ist sicher, Kunduz auch kein Problem, Kabul geht so, da muss man aufpassen, Kandahar war saugefaehrlich".

Der Australier war froh, wieder in Sicherheit zu sein. Er hat auf seinem Trip Schuesse gehoert und ausgebrannte Autos auf der Strasse gesehen. Schlimm fand er auch das Verhalten einiger Afghanen. Viele wuerden sich einfach superschlau vorkommen. Der Australier hat erzaehlt, dass er oft irgendetwas gebraucht hat, irgendwo hinmusste und auch genau wusste wohin, doch die Afghanen wussten es meist besser und haben ihn woanders hingebracht. Das habe ihn oft viel Zeit gekostet. 




Ich habe dann, zusammen mit Francois, Osh verlassen. Wir haben uns in ein "Sammeltaxi" gesetzt und uns auf dem Weg ins Pamirgebirge gemacht.




Vorneweg: Ich bin jetzt aktuell in Khorog, Tadschikistan (ganz unten auf der Karte, halb rechts. Und nein, es ist nicht gefaehrlich. Zwischen uns und Afghanistan liegt ein riesiger Berg, zwar nicht so extrem hoch, wie die Berge "Lenin"oder "Kommunismus", s. Karte, aber hoch genug...)

Meine Etappen im Pamirgebirge waren:

1.) Osh - Sary Tash (mit Francois, er ist dann nach links, nach China abgebogen)
2.) Sary Tash - Murgab (Grenzueberquerung Kirgistan - Tadschikistan)
3.) Murgab - Khorog


Etappe 1: Von Osh nach Sary Tash:

Nach Osh fing die Landschaft sofort an, sensationell auszusehen. Francois hat im Auto gepennt, ich habe gestaunt und fotografiert ...


Leider kommen die gewaltigen Hoehen auf den Bildern kaum rueber. Die Paesse waren bis zu 4500 Meter hoch, die Berge teilweise 6000 - 6500 Meter.


 Unsere erste Raststaette
  Die Gruppe steigt aus dem Auto...


...denn es gibt Essen (ganz traditionell im sitzen):


Der Klassiker in Kirgistan: zuerst gibt es eine Runde Tee und Fladenbrot und dann Gerichte wie: Kuurdak (kleine gebratene Rind- oder Lammfleischstuecke mit Zwiebeln), Manti (Maultaschen mit Hackfleisch und Zwiebelfuellung und wenn man Glueck hat Creme Fraiche obendrauf) oder Laghman (Lammfleisch, Gemuese und Chili auf selbstgemachten dicken Nudeln) 





Am spaeten Nachmittag sind wir schliesslich in Sary Tash angekommen -
kleines Bergdorf im Schnee.


aus diesem Haus kam ein kleiner Junge gerannt: "Am, am, am!" Er packte mich an der Hand und fuehrte uns ins Haus. Das sollte dann wohl unsere Herberge werden. Wir wussten von den so genannten "Homestays" und der Gastfreundlichkeit im Pamirgebirge.


Die freundliche Familie des Kleenen hat uns ein gemuetliches Zimmer vermietet, fuer 8 Euro pro Nase inklusive Abendessen.


In Sary Tash gab es nicht viel zu tun und zum wandern war es zu kalt und zugeschneit. Die Kids haben so ihre eigenen Wege gefunden, sich zu beschaeftigen...



Im Dorf trafen wir noch einen Schweizer, der sich sehr gefreut hat, nicht mehr alleine in der Fremde zu sein. Wir haben ihn natuerlich gleich zum Tee eingeladen ...


Der Schweizer war schon am Vortag da und ist nicht weggekommen, weil seine Strecke nach China gesperrt war. Leider erfuhren wir, dass es von Sary Tash nur per Anhalter weitergeht. Sammeltaxis gibt es hier nicht - Na toll.


Von Sary Tash per Anhalter nach Murgab
  
Am naechsten morgen standen wir dann ab sechs Uhr an der Hauptstrasse, die am Dorfeingang eine Y-Gabelung macht. Der linke Arm geht nach China, der rechte nach Tadschikistan.

Der Franzose war der erste, der mitgenommen wurde, nach nur einer Dreiviertelstunde Wartezeit. (Was aus ihm geworden ist, weiss ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht. Wir wollten ueber Facebook in Kontakt bleiben.)

Kurz darauf kam der Schweizer aus seiner Herberge und ich hatte einen neuen Wartepartner.
Dann hielt ein Jeep fuer mich, mit fuenf Leuten und einem freien Platz. Und sie wollten sogar nach Murgab, also genau dahin, wo ich auch hin wollte. Leider war der Fahrer ziemlich arrogant, wollte zuerst 100 US-Dollar, dann 50 und dann lachte er ganz dreckig, mit seiner Goldzahnreihe: "Wenn du das nicht zahlen willst, dann stehst du eben morgen noch da." 
Ok, fahr weiter du Honk!

Nach zwei Stunden Warterei kam schliesslich Abdulaziz, mit seiner alten russischen Kiste...


Abdulaziz ist ein Kirgise aus Tadschikistan, hat in Osh auf dem Bazar eingekauft und war auf dem Weg zuerueck nach Murgab. Meine Idee war, ihm umgerechnet 5 Euro fuer die 10-stuendige Fahrt zu zahlen, seine Idee war 250 Euro. Wir haben uns schliesslich auf 15 Euro geeinigt.

Die Fahrt war ziemlich chaotisch. Gefuehlt einmal pro Stunde haben wir angehalten, weil irgendetwas mit dem kleinen LKW los war. Und wenn bei uns alles in Ordnung war, dann hatte Abdulazizs Schwager, der mit einem aehnlichen LKW vorneweg gefahren ist, irgendein Problem. Zum Glueck waren beide ausgezeichnete KFZ-Mechaniker und mit einer Menge Werkzeug ausgestattet.

Die Strecke wurde zwischendurch etwas "temperamentvoller":



Der Grenzuebertritt hat dann gut zwei Stunden gedauert. Die Kirgisen waren schnell und freundlich, die Tadschiken waren zwar auch freundlich, aber unendlich langsam. Fuenf Leute haben uns durchkontrolliert. Wir sind immer ein kleines Stueckchen vorgefahren, dann kam schon wieder der naechste Typ. Aber keiner hat irgendetwas wirklich durchsucht. Der Sinn dieser Prozedur hat sich mir nicht erschlossen. Mein Fahrer musste schliesslich ein kleines Schmiergeld bezahlen, was er kopfschuettelnd mit "Oni bez zakona" (Gesetzlose) kommentierte.

Ein paar Stunden spaeter kam ein Waffen- und Drogencheckpoint, aber was fuer ein professioneller: Zwei junge Typen kamen und wollten meinen Rucksack sehen. Ich waehlte meinen grossen, in dem sich nur die Kleidung befindet. Sie fassten kurz rein und interessierten sich dann vor allem fuer meine Buecher und Prospekte. In einem Magazin, das mir der Maler Kanat Ibragimow mitgegeben hatte, war eine barbruestige Frau abgebildet, was die Polizisten aeusserst witzig fanden. Schliesslich musste ich ein deutsches Lied vorsingen. Sie haben ernsthaft darauf bestanden. Mir fiel in der Schnelle nichts anderes ein, als "Morgen kommt der Weihnachtsmann".

Normalerweise haette ich das alles witzig gefunden, aber ich bin immer ein bisschen nervoes, weil ich ein Touristenvisum habe und gleichzeitig journalistisches Material dabei. Und ich weiss nicht genau, inwieweit das in welchem Land fuer Aerger sorgen kann oder nicht.

Dann gab es wieder stundenlang ueberragende Berglandschaften zu sehen ...



Kurz vor Murgab habe ich dann einen ziemlichen Schock erlebt. Ich gucke aus dem Fenster und sehe, dass wir auf einen kanpp zwei Meter tiefen Graben zufahren. Ich denke: "Was macht er denn jetzt, der Abdulaziz?", gucke nach links und sehe, dass er eingeschlafen ist. Reflexartig greif ich ins Lenkrad und reisse es herum. Der LKW steuert wieder auf die Mitte der Strasse zu. Abdulaziz schreckt hoch und wir muessen beide erst einmal voll lachen.
Die letzte Stunde der Fahrt hat Abdulaziz singend verbracht. Wir haben mehr geredet und ich habe ihn nicht aus den Augen gelassen. 




In Murgab hat er mich erstmal in sein Haus zum Abendessen eingeladen ...


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